Ich esse gern Kuchen. Fast täglich. Mit dem Effekt, dass ich gegen 15.00 oder 16.00 so ein leichtes Süß-Bedürfnis bekomme. Daheim oder im Büro ist das gewöhnlich kein Problem, weil ich da wahlweise vorgesorgt oder Dealer meines Vertrauens in der Nähe habe. Nur weil ich alles selber machen kann, muss ich das schließlich nicht immer tun. Nur der Großraum Zürich und ich, wir sind da bisher nur schwer auf einen Nenner zu bringen. Ja, klar. Ich kann mir Luxemburgerli von Sprüngli holen, die sind immer gut. Aber abgesehen davon… wird es schwierig. Schweizer Kuchen ist nicht so richtig mein Fall. So habe ich die angepriesene Römertorte des Kafi Känzig gekauft.

Frisch aus dem Schächtelchen

Ich bin das nicht gewohnt. Nicht, dass hier jemand auf komische Ideen kommt: ich besitze keine Tortenspitze. Der Kuchen kommt so vom Bäcker, in seinem jungfräulich-weißen Pappschächtelchen, damit ihm auf dem Weg auch ja nichts passiert. Der Weg ist glücklicherweise nicht weit – nur einmal den Berg runter (für mich ist das Berg. Ich komme aus einer Stadt, deren höchste natürliche Erhebung der Kreuzberg mit seinen 66 m über NN ist), rasch Kuchen aussuchen und dann kommt der anstrengende Teil: Berg wieder hochlaufen. Aber: hübsch sieht se aus, die Römertorte.

Als Ensemble, ready to eat.

Für mich braucht Kuchen Sahne. Fast immer. Selbst an Käsekuchen gebe ich noch Sahne ran. Ausnahmen gibt es – so ist zum Beispiel Strudel bei mir gern mit Vanillesauce gesehen und erstaunlicherweise gibt es ein paar einfache Kastenkuchen, die mit Fruchtsauce fast besser gehen als mit Sahne. Aber zurück zum Thema. So schön, wie das hier auch aussieht, so enttäuscht bin ich dann gewesen. Der Apfelkuchen hat viel zu viel Zitrone und zu wenig Zucker. Der Teil ist keine Überraschung. Irgendwie scheinen die Schweizer etwas gegen gesüßte Kuchen zu haben. Selbst der Sonntagszopf ist quasi zuckerfrei. Zur Ehrenrettung des Känzig muss ich erwähnen, dass ich die Tage ein Erdbeertörtchen ausprobiert habe, das zwar nicht überwältigend gut, aber doch sehr ordentlich gewesen ist. Ein Blätterteigboden mit Konditorcreme und leicht glänzenden Erdbeeren. Sehr angenehm. Aber die Hausspezialität muss ich nicht wieder haben.

Liar, Liar, pants on fire.

Cakefriends. Mit dem Namen muss das Fremdkuchenerlebnis doch was werden! Denkste Puppe. Der Apfelkuchen (auf 6 Uhr): meh. Langweilig. Das Reistörtchen mit Kirschen (auf 2 Uhr): Langweilig. Einzig der Zitronen-Pistazienkuchen ist ganz ok (auf 10 Uhr). Aber auch hier gilt: nothing to write home about. Ich habe lediglich die Kombination aus Pistazie und Zitrone auf meine mentale Merkliste gegeben, um das mal selber umzusetzen. In leckererer.

Das Café Schober – viel gelobt von Freunden und Bekannten als wunderbare Kuchenquelle – ja, schon okay. Aber es trifft nicht wirklich meinen Geschmack und zum da Essen war es mir zu voll und vor allem zu eng.

Der wahre Jakob.

Ich hatte die Fremdkuchenfrage schon weitgehend aufgegeben, als ich über das Strudelhaus in Wollishofen gestolpert bin: eine Kuchenoffenbarung der Zürcher Agglo. Endlich leckerer, guter Kuchen. Bisher habe ich den Erdbeer-, Apfel-, Erdbeer-Rhabarber- und Mohnstrudel probiert: alles gut. Und es gibt eine gute, dicke Vanillesauce dazu. Einziger Nachteil: ein Stück ist so groß, dass es locker als komplettes Abendessen durchgeht. Ich kann nur dazu raten, sich den Kuchen entweder selber auf 2 Tage zu verteilen oder sich einen Mitesser zu suchen.

Betty Bossi bitte einmal rasch den Nachmittag retten!

Und so rette ich mir den Kuchennachmittag dann meist doch mit Selbstgebackenem. Hier in einem sehr schönen von Betty Bossi. Die Rezepte von Betty Bossi gelingen meist, zumindest wenn ich daran denke, die Zuckermenge der Kuchen zu verdoppeln. Dann ist der Kuchen immer noch lange nicht quietschesüß sondern an der Untergrenze von genau richtig. Das Thema Zuckermenge zieht sich hier als roter Faden durch, wie es scheint… Ich hatte die kleinen Tarteletteformen wie wahrscheinlich halb Deutschland bei Tschibo eingekauft und bin mit denen sehr glücklich geworden. Mit dem Kuchen auch.

Rhabarberkuchen mit Quarkguss

4 Tartelettes (12 cm Durchmesser)

Mürbeteig

150 g Mehl
75 g Butter
50 g Zucker
1 Prise Salz
1 Eigelb

4 EL Mandeln, gemahlen
800 g Rhabarber, geputzt und in Scheiben (ca. 1 cm dick)

Guss
300 g Sahnequark
3 Eier
150 g Erdbeermarmelade
75 g Zucker

Aus den Zutaten rasch einen glatten Mürbeteig herstellen, in Klarsichtfolie wickeln und 1 h im Kühlschrank ruhen lassen.
Den Ofen auf 200° vorheizen und die Förmchen fetten und mehlen.
Teig ausrollen und auf die 4 Förmchen so verteilen, dass der Rand oben gerade abgeschnitten wird. Boden mehrfach mit einer Gabel einstechen und 5 Minuten blind  backen. Dann 5 Minuten so backen. Die gemahlenen Mandeln auf den Böden verteilen und dann den Rhabarber. Den Guss zusammenrühren und gleichmäßig auf die 4 Tarteletteformen verteilen. Für ca. 30 Minuten im Ofen verschwinden lassen. Der Guss sollte golden werden. Die Törtchen wenigstens 10 Minuten in der Form vor dem Herausnehmen abkühlen lassen. Wer mag, bestreut sie kurz vor dem Servieren noch mit ein wenig Puderzucker.

Nachmittag ist gerettet.