Ich gehöre zu den Menschen, die sehr großen Teilen der Kohlwelt eher Misstrauisch gegenüberstehen. Bei Manchen ist es der Grund eher loriot’sch (‘Mögen Sie Brahms?’ ‘Nein’ ‘Was kennen Sie denn von Brahms?’ ‘Nichts. Ich mag ihn ja nicht.’), bei anderen sind es traumatische Erinnerungen an grässlich zubereitetes Essen. So kann ich mich nicht aktiv daran erinnern, je Wirsing gegessen zu haben. Ich will nicht ausschließen, dass ich ihn nicht doch mal gegessen habe, aber… wie gesagt: ein unbeschriebenes Blatt. Gleichzeitig ist es eine Standardanforderung in meiner Küche, möglichst saisonal und regional zu kochen (zugegebenermaßen mit deutlichen Ausnahmen) und so komme ich im Winter um das Thema Kohl nicht so wirklich drum herum. Glücklicherweise habe ich ein weitgehendes Vertrauen in die essen & trinken, dass sie in der Lage sei, auch aus mir merkwürdigen Zutaten Schmackhaftes herzustellen. Und so bin ich über ein Rezept für eine Wirsingtarte gestolpert, die zwar ein wenig zeitaufwändig, dafür aber auch sehr lecker ist. Und sie hat nicht nur Wirsing, sondern auch noch Brokkoli dabei, ein von mir sehr geschätztes Mitglied der Brassica-Familie, um den Einstieg zu erleichtern.
Glücklicherweise kann ich mich hin und wieder den Freuden des sogenannten Home Office hingeben, was dazu führt, dass ich an den Tagen dann meist ein wenig mehr Zeit in der Küche verbringe… weil der Weg wegfällt und natürlich weil ich Sachen mal eben ein wenig noch nebenher machen kann. Die Wirsingtarte war das Ergebnis eines solchen Tages und lohnt sich. Wer allerdings auf die Idee gekommen ist, dass das sechs Portionen seien… kennt meinen Appetit nicht. Ich halte die Tarte, mit begleitendem Salat, eher für ein Essen für maximal drei Personen.
Draufsicht:
Wirsingquiche
28er Tartenform (idealerweise mit herausnehmbaren Boden)
- 200 g Mehl
- 100 g kalte Butter, gewürfelt
- Salz
- 1 Eigelb (Kl. M)
- 200 g Broccoli, in Röschen
- 10 Blätter Wirsing (ca. 500 g)
- 1 kleine Zwiebel, feingehackt
- 1 EL Butter
- 50 Gemüsefond
- 200 ml Schlagsahne
- Muskat, frisch gerieben
- 150 ml Milch
- 2 Eier (Kl. M)
- 1-2 El Senf (glatten)
Aus Mehl, Butter, Salz, Eigelb und ca. 3 EL kaltem Wasser rasch einen glatten Mürbeteig herstellen. In Folie wickeln und mindestens eine Stunde kalt stellen.
In kochendem Salzwasser die Röschen für ca. 3 Minuten blanchieren, mit einem Schaumlöffel herausheben und abtropfen lassen. Die Kohlblätter 10 Minuten vorkochen, abschrecken, ausdrücken. Die Blätter fein hacken, vorher eventuell die dicke Rippe entfernen. Die Zwiebel in Butter glasig dünsten, Wirsing dazugeben und 2-3 Minuten weiterdünsten. Mit der Brühe ablöschen und 50 ml Sahne dazugeben. Ca. 20 Minuten köcheln lassen, bis nahezu alle Flüssigkeit verdampft ist. Restliche Zutaten zu einem Guss verrühren.
Tartenform einfetten und den Boden mit Backpapier auslegen. Den Backofen auf 200° vorheizen.
Den Teig ca. 2 cm mehr im Durchmesser ausrollen, als die Form Durchmesser hat. Über ein Nudelholz o. ä. wickeln und über dir Form legen. Reindrücken, Rand beschneiden, Boden mehrmals mit einer Gabel einstechen und wieder für 15-30 Minuten im Kühlschrank verschwinden lassen.
Boden mit Wirsing bedecken, Brokkoli darauf verteilen und mit dem Guss beglücken.Im unteren Drittel des Backofens für ca. 40 Minuten fertig backen.
Ein wenig Fusselarbeit, aber lohnt sich. Ich habe mich danach sogar schon getraut mit dem restlichen Wirsing einen Rahmwirsing mit Kartoffelbrei und Räuchertofu für das dontblog zu bauen. Aber das ist dann vielleicht die Geschichte für einen anderen Tag.
Ansicht:
na, das reicht doch höchstens für zwei Personen )
Kommentar von sammelhamster — 9. März 2010 @ 11:52 |
2-3 Portionen, maximal!
Lecker, ich arbeite auch oft vom Home Office aus, das ist ganz praktisch: Ich vergesse oft über Stunden aufzustehen (nicht gut für Rücken und so), dann stelle ich mir einen Wecker und laufe mal kurz in die Küche, um einen Hefeteig anzusetzen o.ä. Meist klappt es nicht und ich arbeite blind durch, aber manchmal schon.
Kommentar von Barbara — 9. März 2010 @ 13:22 |
Hu, sieht sehr köstlichst aus! Ich neige allerdings auch dazu eine Quiche in 3 Mahlzeiten zu verdrücken, aber hey, sind ja auch vollständige Mahlzeiten
Kommentar von Anikó — 9. März 2010 @ 15:18 |
Von Wirsing war ich mal traumatisiert, immer diese schlabberigen Eintöpfe, die wie Rotze den Rachen herunter rinnen. Bäh!
Doch mittlerweile esse ich ihn . Wenn er als Pfannengemüse gebraten wird, dann schmeckt er leicht nussig, sehr lecker.
Kommentar von nina — 9. März 2010 @ 18:36 |
Sieht für mich wie eine Broccoli-Quiche aus und wenn man den Wirsing weglässt, schmeckt sie auch bestimmt lecker.
Kommentar von Onkel Mattel — 9. März 2010 @ 19:39 |
Gemüse besteht aus mehr als 90% Wasser, macht die Tarte denn auch wirklich satt ?
Kommentar von lamiacucina — 9. März 2010 @ 19:58 |
@ Sammelhamster: Joa, da Dr K zum Essen da war, blieb gerade mal ein halbes Stück bei uns beiden über.
@ Barbara: Homeoffice hat seine Vorteile… ich hoffe, dass ich im Sommer ein wenig öfter dazu komme.
@ Anikó: war auch wirklich gut!
@ nina: Das klingt total verführerisch, wie bakterieller Schleim, wenn Du das so beschreibst…
@ Onkel Mattel: Man kann auch eine reine Brokkoli-Quiche draus machen, aber Wirsing ist nicht böse.
@ lamiacucina: Ja, macht sie. Schon ob der Sahne und der Eier. Auch Gemüse macht satt. In genügend großen Mengen.
Kommentar von kochschlampe — 9. März 2010 @ 20:36 |
Gut für mich, denn ich bin Wirsing-Fan. Aber für 6 Personen ist echt ein Witz – ich würde davon auch locker ein Drittel “einatmen”
Kommentar von Christina — 11. März 2010 @ 12:13 |
Für eine richtige Wirsing-Tarte sollte man den verfälschenden Broccoli doch besser weglassen.
Dieses ewige köchlen des Wirsing im Video von essen & trinken finde ich völlig überflüssig und macht aus dem leckeren Gemüse nur Matsch.
Kommentar von kormoranflug — 14. März 2010 @ 12:52 |
Wie kann man nur Antipathien gegen den guten alten Wirsing haben…? Tja, sind ja oft die die vermeintlich “schlimmen” Kindheitserinnerungen …. jedenfalls sieht der Wirsingauflauf super aus, geradezu zum Reinbeißen!! Glückwunsch!
Kommentar von Reinhard — 16. März 2010 @ 12:16 |